Tanzen und Schreiben. Passt das zusammen?
Auf der einen Seite sind da die Tänzer, eine Truppe, die im Proberaum zusammenarbeitet.
Soziales Verhalten ist ein Muss. Dennoch sind alles Individuen mit ihren ganz eigenen Persönlichkeiten, Ansprüchen, Nöten und Tagesformen.
Fast immer unter der Anleitung und Führung eines Choreographen. Meist in Verbindung mit Musik. Nur unter begrenztem Druck und mit begrenzter Probenzeit möglich, denn der Körper kann nicht einfach Duracell-Häschen spielen und stundenlang ohne Pause tanzen, schwitzen und Schritte auswendig lernen.
Ach ja: Und essen, trinken und schlafen sowieso.
Und dann ist da das Schreiben.
Dieser elfenbeinturmartige Prozess. Allein mit einem Notizbuch, vor einem Laptop oder PC. Nur du, dein Gehirn, deine Seele und deine Worte, Sätze und Ideen, die geduldig auf einem weißen Blatt Papier niedergeschrieben, gespeichert oder wieder gelöscht werden können. Egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit.
Manche Menschen schreiben jahrelang an einem Buch. Spontan ein Buch zu veröffentlichen ist wohl eher eine Utopie.
Tanzen erfordert ein extremes Zeitmanagement. Kaum jemand kann es sich leisten, jahrelang an einem Stück zu basteln, bis es veröffentlicht wird. Papier hingegen ist geduldig. Tänzer und das Theater sind es weniger. Und schon gar nicht das Publikum.
Tanz, Körper, ihre Formen und Dynamik im Raum sind so flüchtig: nur im Hier und Jetzt.
Der Nachhall, das Echo einer Emotion, eines Bildes hinterlässt bei dem einen oder anderen im Zuschauerraum ein Gefühl, eine Spur, eine Erkenntnis oder einfach eine Erfahrung. Unwiderruflich weg.
Im Falle eines Textes oder gar eines Buches blättere ich gegebenenfalls zurück, suche den letzten Satz, an den ich mich erinnern kann, und lese weiter. Zehn Jahre später nehme ich das Buch wieder in die Hand und lese es erneut.
Also, es gibt deutliche Unterschiede.
Aber zum Glück nicht nur: Die Art und Weise, etwas zu erschaffen, der Plot, die Ausgangssituation, das, was man zeigen, erzählen oder beim Zuschauer auslösen will, hat genau den gleichen Ursprung, den gleichen Ausgangspunkt, wie jemand, der ein Buch oder einfach eine Geschichte niederschreiben und erzählen will:
Konzept, Dramaturgie, Zeit und Raum, Wahl des Titels, der Bilder, des Settings, des Erzählstils, ... alles liegt in den Händen eines Choreografen, genau wie bei einem Schriftsteller.
Die Verantwortung nach der Premiere an die Tänzer abzugeben, sie das Werk allein präsentieren zu lassen, ihnen die Bühne zu überlassen, ist so, als würde man das Buch nach draußen schicken und es den Lesern überlassen.
Ohne Hilfe, ohne etwas erklären oder gar verdeutlichen zu können.
Was gelesen wird, wird so verstanden, wie der Leser es liest. Was der Betrachter beim Tanz sieht und empfindet, ist genauso subjektiv wie beim Hören von Musik, beim Betrachten von bildender Kunst oder beim Ansehen eines Films.
Man muss loslassen können. Ab einem bestimmten Punkt muss man alles sich selbst überlassen. Das ist hart, aber auch faszinierend, und wenn man das als Teil des ganzen Prozesses akzeptiert und zulässt, kann es nur bereichernd sein.
Keep on moving and writing ...
Bis dann und Tschüss!
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